31.05.2023 Die FAZ liest einen Sammelband mit wilden Geschichten von Ludwig Tieck als Porträt "eines sich entfaltenden Künstlers". Außerdem verfällt sie dem rauschhaften Sog von Selva Almada, die sie ins Landesinnere Argentiniens führt. Die taz bewundert den Mut von Marc Sinan, der in seinem Debütroman das türkische Schweigegebot bricht und über den Völkermord an den Armeniern schreibt. Der Dlf empfiehlt Andrew McMillans rauhe und verletzliche Lyrik über Männlichkeit.
30.05.2023 Die NZZ reist mit dem belarussischen Autor Viktor Martinowitsch in das Minsk einer Zukunft, in der die Erde aufgehört hat, sich zu drehen. Voller Ehrfurcht begibt sich der Dlf in die Kathedrale von einem Roman, die Emanuel Maeß mit "Alles in allem" vor ihm auftürmt. Die SZ bewundert die Modernität, mit der Giacomo Leopardi bereits 1817 die erste Liebe besang. Packend und prägnant findet die FAZ, was Claudia Kemfert in ihrem Buch "Schockwellen" zum Thema Energiesicherheit zusammenträgt.
27.05.2023 Tief zu Herzen gehen der FR Rike Schefflers Gedichte über die Schönheit der gefährdeten Welt. Mit angehaltenem Atem verfolgt die SZ in Nell Zinks Amerikaroman "Avalon" den kaltblütigen Aufstieg einer Teenagerin. Der Dlf bewundert, dass sich Elena Messner mit ihrem Krankenhausroman "Schmerzambulanz" in ein Systems am Rande des Kollaps vorwagt. Außerdem freut er sich mit Egon Bondys "Die ersten zehn Jahre" über die Entdeckung der tschechischen Beat-Literatur.
26.05.2023 Die FR bewundert, wie Tove Ditlevsen in ihren Kurzgeschichten rebellische Träume von Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufblitzen lässt. Atemlos folgt die FAZ Philippe Sands, der ihr anhand der Geschichte der von den Briten aus ihrer Heimat Chagos vertriebenen Liseby Elysé die Wirklichkeit der Kolonialherrschaft vor Augen führt. Und die NZZ hört gern zu, wenn Joachim Gauck gemessenen Wortes mit der Ostpolitik von Brandt und Merkel ins Gericht geht.
25.05.2023 Die FAZ begibt sich mit Andrej Blatniks "Platz der Befreiung" ins Slowenien der Wendejahre, reist mit Friederike Kretzens "Bild vom Bild vom großen Mond" durch den Iran und genießt die Unübersichtlichkeit in Antoine Volodines "Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher". Die FR fragt sich mit Elisabeth Wellershaus, "Wo die Fremde beginnt". Die SZ amüsiert sich mit den Lebenslügen "In unseren Kreisen", die Georg M. Oswald ihr vorführt. Die taz empfiehlt einen Gesprächsband mit der kommunistischen Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr.
24.05.2023 Die NZZ liegt Agnes Nemes Nagy zu Füßen, der Königin der magyarischen Poesie. Die SZ durchwandert Anna Maria Orteses schillerndem Roman "Der Hafen von Toledo", der eigentlich in Neapel liegt, wie einen verwinkelten Palazzo mit mehreren Treppenaufgängen. Die FAZ verbringt mit Satoshi Yagisawa wunderbare "Tage in der Buchhandlung Morisaki".Und die taz erfreut sich mit Jan Philipp Reemtsmas Wieland-Biografie an der sprachlichen Virtuosität des Dichters.
23.05.2023 Die SZ bewundert die Ästhetik der Verknappung, die Tove Ditlevsen auch in ihren Kurzgeschichten "Böses Glück" meisterlich beherrscht. Von T.C. Boyles neuem Klimakrisenroman "Blue Skies" hätte sie sich weniger Niceness gewünscht. Die NZZ blickt mit Jacob Mikanowski auf die untergangene Vielfalt Osteuropas. Die FR setzt sich mit Robert Seethaler an den Karmelitermarkt ins "Cafe ohne Namen". Die FAZ beglückwünscht Paul Bokowski, dem mit seinem Roman "Schlesenburg" der Sprung ins ernsthafte Fach gelungen sei.
22.05.2023 Jede Menge Kinderbücher werden heute besprochen: Der Dlf lernt von Cornelia Franz' Abenteuergeschichte "Wildesland", dass gegen die Angst nicht nur Mut hilft, sondern auch Schönheit. Dass auch Humor hilft, zeigt ihm Céline Sorins Bilderbuch "Ich und der Oger". Die FAZ lässt sie sich von Sasa Stanisic Jugendroman "Wolf" ermutigen, anders zu sein. Außerdem lernt sie in Büchern von Mariana Mazzucato und Thomas Deelmann, wie der Staat Kompetenz und Kontrolle verliert, wenn er sich Unternehmensberater ins Haus holt.
20.05.2023 Die FAZ lernt von Hanno Sauer "Moral", bevor sie mit T.C. Boyle und einer Schlange auf die Klimaapokalypse zureitet. Die FAS lernt von Raymond Geuss, "Nicht wie ein Liberaler" zu denken. Wie der Unternehmer Adolph Woermann den deutschen Kolonialismus einleitete, lernt die FR von dem Historiker Kim Sebastian Todzi. Die taz liest zwei neue Superheldinnen-Comics und erliegt dem proletarischen Charme der Heldin von Nell Zinks "Avalon". Der Dlf unterhält sich prächtig mit Eugen Ruges Roman über "Pompeji".
19.05.2023 Die SZ empfiehlt ein Survivalbuch für Trennungskinder, Frauke Angels "Vorsicht, frisch geschieden!", und merkt beim Lesen von Katrin Hörnleins Lindgren-Biografie, wie sehr die schwedische Kinderbuchautorin fehlt. Die FR blickt mit Anita Brookners Roman "Seht mich an" in die Tiefe der menschlichen Natur. Die FAZ lernt mit 200 Museumsobjekten etwas über DDR-Alltag und Mangelwirtschaft.
17.05.2023 Die FAZ empfiehlt die brillanten, schnörkellos modernen Miniaturen Wolfgang Hildesheimers. Großes Lob auch für Matthias Göritz'
"Die Sprache der Sonne", der uns ins Istanbul der dreißiger Jahre führt. Die FR wird an ihre Couch getackert mit Kim Koplins Thriller "Die Guten und die Toten". Die Zeit blickt in Sebastian Hotz' Roman "Mindset" ein wenig bedauernd auf die junge Generation, die ihr sehr vereinzelt vorkommt. Dlf Kultur schwärmt von den augenöffnenden Naturbetrachtungen des Briten Rob Cowen.
16.05.2023 Froh und frappiert liest die FR Katharina Hackers Kurzessays "Über Leben mit Tier", die ihr viel über die Liebe und den Menschen verraten. Die SZ lässt sich von Dipo Faloyins Manifest "Afrika ist kein Land" gern die eigenen Klischees zertrümmern. Durchaus erhellend findet die FAZ Kai Diekmanns Erinnerungen "Ich war Bild", vor allem gegen die Strich gelesen. Der DlfKultur begeistert sich für Hugo Hamiltons Roman "Echos der Vergangenheit" ebenso wie für Thomas Oláhs Debüt "Doppler".
15.05.2023 Hingerissen lauscht die FAZ , wenn Monica Bleibtreu in Klaus Pohls "Nachtgesprächen mit meinem Kühlschrank" einen abgehalfterten Schauspielstar gibt. Gut gefällt ihr auch, wie freundlich Axel Wostry die hochfliegende Brillanz von Peter Sloterdijks "Die Reue des Prometheus" erdet. Isländische Erzählkunst genießt die NZZ mit Jon Kalman Stefanssons Roman "Dein Fortsein ist Finsternis". Klug und lehrreich findet die taz, wie Regisseurinnen in "Status Quote" über Frauen im Theater sprechen.
13.05.2023 Die FAZ begrüßt die Neuausgabe des "Ewigen Brunnens", einer der maßgeblichen deutschen Lyrik-Anthologien - und freut sich, dass Herausgeber Dirk von Petersdorff auch Songtexte von Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer aufgenommen hat. Die FR feiert Martin Schulze Wessels "Fluch des Imperiums" als maßgebliche Aufarbeitung russischer Geschichtsmythen, an die man auch im Westen glaubte. Die taz erliegt dem stillen Zauber von Sabrina Janeschs Roman "Sibir".
12.05.2023 Die FR amüsiert sich mit Pija Lindenbaums Kinderbuch "Der erste Schritt". Die NZZ schwärmt von den fantastischen Miniaturen, in denen der Schauspieler Samuel Finzi die Geschichte seiner bulgarischen Familie erzählt. Der Dlf bewundert Anne Rabes Debütroman "Die Möglichkeit von Glück" über eine Kindheit in der sich auflösenden DDR. Die FAZ bewundert Daniel de Vises einfühlsame und informative Biografie des Bluesmusikers B.B. King. Außerdem empfiehlt sie dringend Alois Bergers Geschichte des jüdischen Auffanglagers Föhrenwald im Loisachtal.
11.05.2023 Die FAZ lässt sich von David Safiers Liebesgeschichte seiner Eltern bewegen. Die NZZ begibt sich mit Mina Hava nach Bosnien auf den Spuren ihrer in die Schweiz emigrierten Familie. Die taz taucht mit Helena Baumeisters Comic "oh cupid" in die Welt der Dating-Apps ein. Die Zeit lässt sich angemessen verstören von Martin Musers Jugendroman "Weil". Dlf Kultur empfiehlt wärmstens Ostap Slyvynskys poetisches Buch über "Wörter im Krieg".
10.05.2023 FAZ und SZ bewundern die stachelige Poesie der Notizen Ralf Rothmanns. Außerdem begleitet die FAZ in Angelika Overaths Roman "Unschärfen der Liebe" ein unwahrscheinliches Paar auf eine Zugreise nach Istanbul. Die FR liest in Verena Keßlers "Eva", wie inspirierend man über Kinderwünsche oder -nichtwünsche schreiben kann. Die NZZ bewundert Teresa Präauers "Kochen im falschen Jahrhundert" als präzises Buch über den Geschmack der Bourgeoisie im 21. Jahrhundert. Die SZ vertieft sich in die Erinnerungen des ehemaligen Bild-Chefs Kai Diekmann.
09.05.2023 Weniger kühl als Annie Ernaux, aber mindestens so wütend wie Virginie Despentes findet die taz Pauline Harmanges Bericht über ihre Abtreibung "Ich muss darüber sprechen". Die FR lässt sich fesseln von Depti Kapoors indischem Sozialdrama "Zeit der Schuld". Außerdem versucht sie mit Anthony McCarten, drei Tage lang der digitalen Überwachung zu entgehen. Die FAZ wirft mit Honorée Fanonne Jeffers' Roman "Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois" einige Gewissheiten über Bord. Der Dlf schwingt sich mit Sylvain Tesson über die Dächer von Paris.
08.05.2023 Die FAZ lernt von Dietmar Pieper, dass vor allem hanseatische Kaufleute den deutschen Kolonialismus vorantrieben. Die SZ liest bestürzt Andrea Erkenbrechers Geschichte des Kriegsverbrechens in Oradour. Die taz erfährt von Thomas Flierl und Andreas Butter, dass die DDR zwar erfolgreich Architektur, aber nicht den preußischen Kommunismus exportierte. Die FR entlarvt mit Sarah Chaney die (anderen) weißen Mittelschichtsakademiker als Neo-Normalisten.
06.05.2023 Die taz lässt sich von Dennis Cooper einmal mehr in den dunkelsten Sumpf der menschlichen Existenz führen. Die SZ entdeckt mit Joy Williams eine Autorin, die schreibt als wäre "ein Haken schlagender Hase auf der Flucht“. Die Welt erfährt von Lukas Bärfuß: Es ist unmöglich, Mensch zu sein in einem unmenschlichen System. Die FR ist bereits nach dreieinhalb Zeilen ganz bezaubert von Gwendolyn Brooks „Maud Martha“. Als lohnenswerte Wiederentdeckung empfiehlt die FAZ Paul Zifferers Roman „Die Kaiserstadt“ über den Untergang der Habsburger.
05.05.2023 Die FAZ erkundet mit der Paläoanthropologin Ella Al-Shamahi die Ursprünge des Handschlags. Die FR entflieht mit Ralf Rothmanns "Theorie des Regens" der Realität. Wie ein "Intrigenstadl" erscheint der Welt bei Katja Hoyer der Machtapparat der DDR. Die SZ fasst mit Sasa Stanisics "Wolf" den Mut, anders zu sein. Und der Dlf stürzt mit Jules Vallès' Jacques Vingtras ins Chaos der Revolution.
04.05.2023 Die FAZ taucht mit Ha Jin begeistert ein in das Leben eines verbannten Unsterblichen und Meisters der Gelage: des Tang-Dichters Li Bai. Die FR liest in Buchi Emechetas Roman "Second-Class Citizen", wie es einer Nigerianerin im London der 1960er Jahre erging. Die Zeit folgt interessiert der Lebensgeschichte der Kommunistin Hertha Gordon-Walcher. Der Dlf liest zwei Bücher zu Einwanderung: Mariusz Hoffmanns "Polnischer Abgang" und Artur Weigandts "Die Verräter", die ursprünglich aus Kasachstan kamen.
03.05.2023 Die FAZ erkundet mit Sara Johnsons "Dancing Boy" die Freiheiten eines Bordells in einem links-grün-totalitär regierten Norwegen. Ein begeisterter Dlf empfiehlt Markus Orths' so intelligenten wie unterhaltsamen Roman "Mary und Claire" über die Shelley-Schwestern. Ein dickes Lob geht außerdem an Stefan Györkes geistreiche Gesellschaftskomödie "Die Mütter", die Emanzipation von ihrer chinesischen Nanny gelernt haben.
02.05.2023 Die SZ folgt gebannt der grotesken Nahost-Fantasie, die Abtisam Azems in ihrem "Buch vom Verschwinden" durchspielt. Mit Olga Tokarczuk geht sie in einem schlesischen Sanatorium auf Geisterjagd. Die NZZ lernt von Teju Cole, Kunst und Architektur physisch zu erleben. Die Welt fühlt sich wie bei Star Trek, wenn Arik Kershenbaum das Leben hinter Alpha Centauri ausmalt. Die FAZ blickt mit Michel Sterner optimistisch in die nicht-fossile Zukunft. Von gescheiterten Utopien liest sie in Yasmin Sibais Krimi "Punked".