Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Architektur

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 18.05.2024 - Architektur

Auch FAS-Kritiker Niklas Maak hat sich die umstrittene Ausstellung "Hin und weg" (unser Resümee) über den Palast der Republik im Humboldt Forum angesehen. Maak kann beim Durchschreiten der Ausstellungsräume nur den Kopf schütteln: "Die Ausstellung der Palastreste im Schloss wirkt wie ein Fall von Historiophagie; die Überbleibsel treiben durchs Humboldt-Forum wie die unverdauten Reste eines verschluckten Feindes durch den Magen eines eckigen Wals. Werden kommende Generationen das Stadt- und Geschichtsbild, das ihnen die Großelterngeneration mit dem Schlossbau hinterließ, übernehmen - oder wird ihnen das Humboldt-Forum als ökologisch wie inhaltlich desaströses Monument toxischer Überzeugungen erscheinen? Schon wurde ein neuer Verein gegründet, der 'Förderverein Palast der Republik', der sich den Abriss des Schlosses und den Wiederaufbau des Palasts bis 2050 zum Ziel gesetzt hat."

Uwe Rada (taz) findet das alles gar nicht "uninteressant", was die Macher hier allerdings bezwecken wollten, wird ihm auch nicht so ganz klar. Ist das Wiedergutmachung oder "Siegerzynismus"?: "Sicher wird nun auch die Frage auftauchen, ob die Ausstellung der Reste dessen, was der Abriss des Palastes übrig gelassen hat, nicht auch als Überheblichkeit der 'Sieger' gewertet werden kann. Vielleicht sogar als eine der kolonialen Gesten, deren Aufarbeitung das Humboldt Forum sich doch eigentlich auf die Fahnen geschrieben hat." FAZ-Kritiker Andreas Kilb erscheint die Ausstellung in mancher Hinsicht indes selbstentlarvend: "Wer mit der DDR-Chronologie im Kopf durch die Ausstellung läuft, versteht, warum der Palast der Republik nicht zum Symbolbau der Berliner Republik werden konnte - und warum es auch das Humboldt-Forum nicht geworden ist. Denn die Zwangsvereinigung von Volksbespaßung, Massenverköstigung und öffentlicher Politikshow unter einem Dach trägt die Handschrift der Diktatur, nicht der Demokratie."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 16.05.2024 - Architektur

Blick in das Café "Espresso" im Palast der Republik. © Abt. Öffentlichkeitsarbeit, Palast der Republik

Als "Gipfel des Zynismus" hatte ein Papier aus dem Umkreis des Architekturprofessors Philipp Oswalt die Ausstellung "Hin und Weg", die dem Palast der Republik, ja, ausgerechnet im Berliner Humboldt Forum gedenkt, bezeichnet - dabei kann man hier auch einfach schwelgen, meint Nikolaus Bernau im Tagesspiegel: "In dem großartigen, nach Angaben der KuratorInnen erstmals gezeigten Modell der Stahlbaukonstruktion aus dem Firmenarchiv in Niesky, gestellt vor schlichtweg hinreißend gezeichneten Plänen aus der Entwurfszeit des Palastes. Die Raffinesse der Konstruktion und der Raumabläufe wird deutlich, einige Fotos an der Wand deuten wenigstens an, dass der Palast Teil einer breiten Bautradition in den sozialistischen Ländern war (…) Da sind die Modernität des Geschirrs im Palast, aber auch die nickeligen Goldrandtässchen, die modernistisch-funktionalistischen Sitzmöbel, die heiteren Keramikdekors, die kraftvoll farbigen Wandstoffe."

In der SZ sieht Peter Richter auch heute noch auf allen Seiten "eigentlich nur Verlierer", vor allem mit Blick ins Programm, das sich zum Ziel setzt, "die unbewältigte Vergangenheit des Orts also bei den Hörnern" zu packen. Mit der Ausstellung will man "Ablassventile öffnen für angestauten Ärger", glaubt Maritta Adam-Tkalec in der Berliner Zeitung: "Das Team des Humboldt-Forums hat vorbereitend Dutzende Menschen befragt - aus allen Altersgruppen und unterschiedlicher Herkunft - Liebhaber wie Verächter des Palastes und solche, die mit Ost-West-Haltungen brechen. So viel wie möglich in aller Breite bieten, so lautet das Rezept zur Gemütsbefriedung. Was dabei entfiel, ist die genaue Rekonstruktion der Abrissbeschlüsse: Wer hat wann welche Prozesse eingeleitet - das bleibt weiterer Quellenforschung überlassen."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 04.05.2024 - Architektur

Innenansicht ADA
© Archiv der Avantgarden, SKD, Foto: Klemens Renner

SZ-Kritiker Peter Richter und Andreas Platthaus (FAZ) sind beeindruckt vom neuen Ausstellungsort des "Archiv der Avantgarden" in Dresden. Der Galerist, Verleger und Sammler Egidio Marzona hat im Jahr 2016 1,7 Millionen Objekte aus seiner Sammlung den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden geschenkt, wo sie künftig im sogenannten "Blockhaus" zu sehen sein werden, so die Kritiker. Für diese weltweit einzigartige Sammlung war das "Ungewöhnlichste gerade gut genug", nickt Platthaus: "Das ist ein Block, der dem Namen 'Blockhaus' gerecht wird, ein technisches Wunderwerk durch seine Aufhängung an zwei jeweils seitlich errichteten Treppenhäusern in Stahlbauweise für das innere Tragwerk und an vier aus den oberen Gebäudeecken hervorragenden Konsolen aus Stahlbeton für das äußere. Die Wirkung ist geradezu magisch: Im Barockhaus scheint auf vier Metern Höhe ein massiver Kubus zu schweben, der wie in den schönsten Bauten von Peter Zumthor in Sichtbeton ausgeführt ist, der hier jedoch durch die Fenster ringsum und zusätzliche Öffnungen im Dach zum Lichtbeton wird."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 30.04.2024 - Architektur

"The Line". Quelle: NEOM

So etwas gab es noch nie, stellt Dankwart Guratzsch in der Welt fest: Das Riesenprojekt "Neom", das der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman in Auftrag gegeben hat (unser Resümee) sprengt wirklich alle Vorstellungen: "Ein 500 Meter hohes Gebäude (hundert Meter höher als das Empire State Building in New York) soll nicht etwa als Turm, sondern als massive, starre Wand in die Wüste gesetzt werden - und zwar gleich als Doppelpack, in zwei parallelen miteinander verbundenen und wechselseitig versteiften Scheiben." Dahinter steckt, vermutet Guratzsch, wohl eine recht alte Idee: "den Städten und der Landschaft ein geometrisches Ordnungsgerüst überzustülpen - endzeitlich, kosmisch, menschenfern." Vielleicht, meint er, "ist es der Albtraumcharakter derartiger Assoziationen, der den saudischen Kronprinzen bewogen hat, sein Projekt 'The Line' gleichsam aus der Realität ins Immaterielle zu entrücken. Architektonisch entzieht sich der Bau nach außen hin jeder Greifbarkeit. Die Fassaden sind haushoch mit Solarpaneelen verspiegelt, was dem Koloss einen fast imaginären fatamorganahaften Charakter, eine vollendete Scheinhaftigkeit verleiht."
Stichwörter: Neom, Saudi-Arabien

Efeu - Die Kulturrundschau vom 27.04.2024 - Architektur

So schön könnte die Stadt der Zukunft sein, denkt sich Niklas Maak (FAS) in der von Joanna Warsza und Benjamin Foerster-Baldenius vom Berliner Architektenkollektiv Raumlabor im Berliner Gropius-Bau kuratierten Ausstellung "Radical Playgrounds", die nicht nur die Geschichte des Spielplatzes erzählt, sondern auch Visionen von Spielplätzen für Erwachsene entwirft: "Wie in der Vision des 'New Babylon' des Architektur-Utopikers Constant, der in den Fünfzigerjahren für den Idealzustand einer Welt, in der Maschinen die Arbeit erledigen, ein endloses Flanierlabyrinth entwarf, kann der postindustrielle Homo ludens hier seine Zeit mit Herumwandern und Schauen, Gesprächen und Spiel verbringen: Die ganze Stadt wird Spielplatz für Erwachsene, aber natürlich auch für Kinder, die hier durch bunte Röhren kriechen und auf einer aus Strohballen aufgetürmten Pyramide von Edgar Calel herumturnen dürfen. ... Auf einem Kunstsportplatz kann man Basketball spielen oder aber die Informationen lesen, die diesem Werk von Céline Condorelli beigefügt sind: Das verwirrende Dickicht von Linien, gekurvten Wänden und Hinweisen erzählt auch, wann Frauen für welche Sportarten überhaupt zugelassen wurden."

Gustav Düsing und Max Hacke: Studierendenhaus der Universität Braunschweig. Foto: Iwan Baan, Lemmart, Leonhard Clemens

In der FAZ gratuliert Niklas Maak außerdem den Architekten Gustav Düsing und Max Hacke zum "Mies van der Rohe"-Preis, den die beiden Berliner für das Studentenhaus der Universität Braunschweig erhalten haben. Ein "Vorzeigeobjekt einer neuen deutschen Architekturbewegung, des 'Eco-Minimalism'", so Maak: "Den Auftrag, ein Haus mit zweihundert Arbeitsplätzen und Vortragsräumen für Studenten zu bauen, haben Düsing und Hacke mit seiner strengen 'Superstructure' im Geist der Sechzigerjahre gelöst. Sie haben ein zweigeschossiges feingliedriges Stahlraster aus nur zehn Zentimeter breiten Stützen entworfen, das man immer wieder umbauen und neu nutzen kann. Die Stahl-Holz-Hybridkonstruktion ist komplett demontierbar, das Tragwerk, wie japanische Tatami-Matten, auf einem quadratischen Achsmaß von drei mal drei Metern geplant. In die Trägerrahmen sind Holzrippendecken eingeschraubt, nichts ist verklebt, nichts verschweißt. Das Stahlhaus ist auch ein 'Materiallager für die Zukunft', wie es die Architekten nennen..."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 25.04.2024 - Architektur

Der Düsseldorfer Architekt Andreas Knapp macht aus alten Autowerkstätten Wohnhäuser, aus Kirchen Kolumbarien und aus Weltkriegsbunkern Kunstorte, staunt Klaus Englert (FAZ), der sich den umgewandelten Bunker in Düsseldorf Bilk angeschaut hat. Knapp "gründete für den Bilker Bunker eine gemeinnützige GmbH und entwickelte für die Kunst- und Veranstaltungsnutzung ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept. Dazu gehörte, dass auf dem Bunkerdach fünf hochpreisige Apartment-Kuben mit verzinkten Stahlfassaden und großzügigen Terrassen entstehen konnten, um damit die Finanzierung des Gesamtprojekts sicherzustellen. (…) Der Bilker Bunker wirkt auch nach Umnutzung und Aufstockung noch wie aus Zeit und Raum gefallen. Doch seit der Eröffnung im vergangenen Spätsommer sorgt das straßenseitig geöffnete Entree für mehr Licht und Luft: Das Foyer weitet sich und lässt den Blick über die Empore schweifen. Dabei zeigen die belassenen Spuren aus früherer Nutzung und die außen liegende Technik, dass diese Sanierung keineswegs der Maxime der Verschönerung gefolgt ist."
Stichwörter: Knapp, Andreas

Efeu - Die Kulturrundschau vom 17.04.2024 - Architektur

Das SEZ im Jahr 1987. © Gerd Danigel, Lizenz: CC BY-SA 4.0 Deed

Bitte nicht noch ein zentrales Zeugnis der DDR-Baukunst abreißen! So stöhnt Peter Richter in der SZ. Diesmal soll es das Berliner Sport- und Erholungszentrum (SEZ) erwischen, mit dem viele Ostberliner nicht nur Bade-, sondern auch amouröse Erinnerungen verbinden - schließlich waren die Terrassen im Garten eine zentrale Dating location. Auch architektonisch macht das Gebäude einiges her: "Dieses SEZ war aber auch ein Gebilde, das vielleicht tatsächlich nur auf dieser merkwürdigen Kante zwischen West und Ost entstehen konnte. Stilistisch und technologisch müsste man es wohl unter die Hightech-Architekturen der Siebzigerjahre einordnen, es hat mehr mit dem Pariser Centre Pompidou und dem Charlottenburger ICC zu tun als mit den standardisierten Typenschwimmhallen in den Plattenbauvierteln der DDR. Aber denkbar war es trotzdem nur dort, wo trotz Kargheit und Mangels an allen Ecken und Enden an dieser Stelle kurzerhand verschwenderische Fülle zur Hebung der Lebensfreude befohlen worden war."

Außerdem: Mit NZZ-Autor Paul Jandl hat Joe Chialos Plan, die Galeries Lafayette zur öffentlichen Bibliothek umzurüsten (siehe auch hier), einen weiteren Fürsprecher gewonnen.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 16.04.2024 - Architektur

Außenansicht des Nationalen Holocaust-Museums - Büro Winhov / © Stefan Müller

Hubertus Adam blickt für die NZZ auf das sanierte Nationaal Holocaustmuseum in Amsterdam. Das Architekturbüro Office Winhov hat den ursprünglichen Bau bis auf wenige Ausnahmen nur subtil verändert, so Adam: "Der einzige wirkliche zur Strasse hin sichtbare Neubauteil ersetzt das frühere Direktorenhaus zwischen Schule und Kinderkrippe. Office Winhov wählte einen hellen Klinker für das Volumen, das Eingang, Sicherheitsschleuse, Kassenbereich und das Treppenhaus beherbergt und nach aussen mit einem filigranen, nachts hinterleuchteten Filtermauerwerk in Erscheinung tritt. In der Tiefe des Grundstücks wurde ein weiterer Baukörper errichtet, der Platz für Wechselausstellungen bietet und auch ein Auditorium umfasst. Seitlich blickt man auf eine Mauer zum Nachbargrundstück - es ist jener Ort, an dem einst die Kinder über den Zaun gereicht wurden. Die Räume sind licht, hell und offen; die Gestaltung der Ausstellung der Szenografiebüros Opera Amsterdam und Studio Louter gibt sich zurückhaltend und findet die richtige Balance zu Architektur und Ort. Damit widerstanden die Beteiligten der Versuchung, düstere Themen auch düster zu inszenieren. Aus gutem Grund: Was hier geschah, auf beiden Seiten der Strasse, geschah nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit und nicht klandestin, sondern am helllichten Tag."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.04.2024 - Architektur

In der SZ mokiert sich Gerhard Matzig über den von Norman Foster geplanten "klimafreundlichen" neuen King Salman Airport in Saudi-Arabien: "Geplant sind sechs Start- und Landebahnen, die bis zum Jahr 2050 rund 185 Millionen Fluggäste jährlich ermöglichen. Zum Vergleich: Der sogenannte Hauptstadt-Flughafen BER hat es im Jahr 2023 auf 23 Millionen gebracht. Süß. Schade, dass die Klimakleber schon die letzte Generation sind - sie müssten sich generationsübergreifend vermehren, um diese Megalomanie mit sehr viel Sekundenkleber zu verhindern. Die Anzahl von derzeit 210 000 Flügen soll auf eine Million pro Jahr gesteigert werden. Die Erfindung der Flugscham ist dabei noch nicht berücksichtigt - trotz Habecks Freundschaft zu Saudi-Arabien. Ungeachtet dessen zeigen die suggestiven Foster-Pläne eine grüne Oase, viele Bäume, Schatten spendende Strukturen und auch einige Flugzeuge." Mehr zu dem Flughafen bei Futurezone.

Lucien Scherrer unterhält sich für die NZZ mit Rektor Günther Dissertori, Departementsleiter Matthias Kohler und Professor Philip Ursprung von der ETH Zürich über den antiisraelischen und dann und wann auch antisemitischen Aktivismus an ihrem Institut (unser Resümee). Matthias Kohler gibt zu, dass es gelegentlich Probleme gibt, aber dabei gehe es "um Einzelfälle. Wir sind ein Departement mit 2500 Leuten mit ganz unterschiedlichen Positionen, aus unterschiedlichen Herkunftsländern, darunter auch einige laute Stimmen. Es gibt aber in keiner Art und Weise strukturellen Israel-Hass. Dass das medial anders wahrgenommen werden kann, ist mehr den Social Media und deren Verbreitung geschuldet."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.04.2024 - Architektur

Undatierte Postkarte mit der Carl-Legien-Siedlung. Bild: Welterbe Siedlungen Berlin.
Vor hundert Jahren wurde die Gehag (Gemeinnützige Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft) gegründet, die in Berlin etliche bezahlbare Wohnungen in Wohnsiedlungen geschaffen hat, zu diesem Anlass interviewt Jannis Hartmann in der taz den Architekten und Bauhistoriker Steffen Adam in der Siedlung Carl Legien, die mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Der Architekt hat Ideen, wie sich ein solches soziales Bauen auch heute wieder ankurbeln ließe: "Es bräuchte einen Zusammenschluss aller gesellschaftlichen Kräfte guten Willens: Ich denke da an Baugenossenschaften, genossenschaftliche Banken und Versicherungen, die Gewerkschaften. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass, anders als in der klassischen Moderne, die Kirchen und große Parteien wie die Grünen oder SPD dabei sind. Sie könnten ihr Parteivermögen vernünftig anlegen. (…) Vielleicht war die Basis damals zu klein. Ist sie größer, könnte man sich besser gegen die private Bauwirtschaft behaupten. Auch Bedenken einer zögerlichen Verwaltung könnten gemindert werden - also all das, was wir heute fordern. Es wäre mal wieder Zeit, das in die Diskussion zu werfen."